Über das Mittelmeer fliehen die meisten Menschen in die EU. Es gilt als die tödlichste Seeroute der Welt. Die Internationale Organisation für Migration schätzt, dass zwischen 2014 und 2019 mindestens 20.000 Menschen bei der Überfahrt gestorben sind. Die Europäische Union reagiert auf das tägliche Ertrinken an den Außengrenzen, indem sie Flucht mit völkerrechtswidrigen Methoden verhindern will.
So berichtet Pro Asyl, dass Geflüchtete an den Außengrenzen der EU systematisch mit Gewalt daran gehindert werden, in die EU zu gelangen. Die libysche Küstenwache – finanziert mit EU-Mitteln – fängt bspw. Geflüchtete ab und bringt sie zurück nach Libyen. Dort drohen ihnen Folter, Inhaftierungen oder sogar der Tod. Es werden Abkommen geschlossen mit Staaten, die aus Menschenrechtsperspektive sehr fragwürdig sind. Das zeigt sich im EU-Türkei-Deal oder in den „Migrationspartnerschaften“ mit afrikanischen Staaten.
Die Balkanroute, über die 2015 noch viele Menschen auf dem Landweg die EU erreicht haben, ist mittlerweile auf Druck westeuropäischer Staaten abgeriegelt. So werden Geflüchtete in Transit- oder Herkunftsländern festgehalten, zu noch gefährlicheren Fluchtwegen gezwungen und die Zahl der Toten nimmt zu.
Das EU-Asylsystem – Funktionsfehler und fehlende Solidarität
Laut Dublin-III-Verordnung ist der Staat, den die flüchtende Person zuerst betritt, für das Asylverfahren zuständig. Reisen Geflüchtete in ein anderes EU-Land weiter, können sie in das Land zurückgeschoben werden, wo sie zuerst europäischen Boden betreten haben. Länder an den EU-Außengrenzen wie Italien, Griechenland oder Ungarn müssten daher sehr viele Menschen aufnehmen, Länder wie Deutschland dagegen sehr wenige. Geflüchteten steht es nicht frei zu wählen, wo sie Asyl beantragen möchten.
Grundlage für die Regelung ist die Annahme, dass die Lebens- und Verfahrensbedingungen in allen EU-Staaten gleich sind und Geflüchtete überall die gleichen Chancen haben, Asyl zu bekommen. In der Realität sieht das aber ganz anders aus.
Griechenland ist neben Italien und Spanien Hauptankunftsland für Geflüchtete. Hier manifestieren sich beispielhaft die Probleme der Dublin-Verordnung. Seit Jahren sind die Lebensbedingungen dort so menschenunwürdig, dass Deutschland nur noch in Ausnahmefällen Asylsuchende dorthin abschiebt. Es gibt kein funktionierendes Asylsystem. Geflüchteten fehlt es an Unterkünften, Nahrungsmitteln und medizinischer Grundversorgung. Seit 2015 werden ankommende Geflüchtete in sogenannten Hotspots auf den griechischen Inseln festgehalten, bis ihr Asylantrag entschieden ist. Die Situation in den Lagern, deren Kapazität nur für einen Bruchteil der Menschen ausgelegt ist, ist katastrophal.
Um diese Zustände zu ändern, ist eine Lastenverteilung innerhalb der EU nötig. Seit mehreren Jahren gibt es immer wieder Reformbestrebungen. Viele EU-Staaten weigern sich allerdings, mehr Geflüchtete aufzunehmen – oft mit klar islamfeindlichen und rassistischen Argumenten. Eine Einigung auf eine gemeinsame, solidarische Flüchtlingspolitik ist nicht in Sicht.